Natürlich war ich wieder einmal spät dran. Als Mitglied des inexistenten Vereins der Last-Minute-Einkäufer war das aber für mich sowieso normal. Jedenfalls wollte ich für Freunde, die kurz darauf Geburtstag hatten, Geschenke kaufen. In meiner Eigenschaft als Freund der mit Worten gefüllten Blätter, die manchmal in größerer und manchmal in kleinerer Menge zwischen zwei Kartondeckel gezwängt werden, beschloss ich, meine Begeisterung weiter zu verschenken – natürlich in der Form von Büchern.
Meine Überlegungen gingen durchaus auch in die Richtung, die Schaffenswerke in der vertonten Form eines Hörbuchs zu kaufen, aber seien wir doch mal ehrlich, die Hörerin/der Hörer weiß doch nie, wer im nächsten Moment bei der Türe herein schneit (Mann, Kinder, Eltern, Schwiegereltern, Nachbarn, …) und was der Sprecher, der das Hörbuch vorliest, zu dem Zeitpunkt sagt, wenn der unerwartete Eindringling die Rezeption unterbricht. An alle Schelme, die jetzt Böses denken, sei gesagt: Nein, ich habe nicht Shades of Grey verschenkt!
Nun gut, ich beschloss also, an jenem Nachmittag ins Zentrum zu fahren, wobei der Begriff „Zentrum“ in einem Städtchen, das man mit dem Fahrrad bei gemütlichem Tempo in weniger als einer halben Stunde leicht durchqueren kann, durchaus als übertrieben angesehen werden kann. Im Einkaufszentrum befindet sich eine Buchhandlung, die ihren Lese- und Hörstoff nach Themen sortierte. Weil ich aber zum Zeitpunkt der Ankunft noch keinen blassen Schimmer hatte, was ich kaufen will, arbeitete ich mich von Tisch zu Tisch und von Regal zu Regal durch, um zu einer brauchbaren Eingebung zu gelangen. Fortuna war an diesem Tag jedoch nicht sehr gnädig. Nach ca. 15 Minuten fand ich mich vor einem Regal mit der Bezeichnung „Frauenliteratur“ wieder. Ich staunte nicht schlecht. Als dann noch ein Verkäufer kam und zu einer Frau neben mir sagte, diese Literatur sei eben nicht so anspruchsvoll, sondern eher was für den Strand, war ich gänzlich perplex.
Welchen Sinn macht es, Literatur nach dem Geschlecht zu trennen und wieso glaubt man, Frauen gäben sich mit anspruchsloser Literatur zufrieden. Gerade als Germanist weiß ich, dass der überwiegende Teil der Studierenden in diesem Fach weiblich sind. Aber anspruchslose Literatur Frauen zuzuschreiben, das hätte ich bis zu diesem Zeitpunkt nur religiösen Fundamentalisten und rechts-konservativen Politikern zugetraut, aber doch keiner Buchhandlung!
Und warum sollten zum Beispiel Bildbände über Fußball oder die Fomel 1 anspruchsvoller sein als Liebesromane? Und wieso steht dann über den Bildbänden und Biographien diversester SportlerInnen „Sport“ und nicht „Männerliteratur“, obwohl diese Literatur ja auch überwiegend von Männern gelesen wird. Ganz abgesehen davon ist kein Roman so uninteressant wie die Biographie eines samenberaubten Ex-Tennisspielers.
Es ist für mich absolut unsinnig, Bücher unter dem Begriff „Frauenliteratur“ abzustellen. Wenn man es für notwendig erachtet, auf die Anspruchslosigkeit hinzuweisen, kann man es auch „Unterhaltungsliteratur“ nennen. Das wäre dann auch Gender-neutral und nicht diskriminierend.
Ich jedenfalls entschloss mich nach dieser Erfahrung doch für die Rubrik „Humor“, denn den braucht man, wie ich feststellen musste, auch beim Bücherkauf.
Ha, ha, gut mitgedacht. Es gehört ein bisschen Gefühl dazu, was möchte eine Frau lesen? Das sich ein Mann Gedanken macht, was möchten Frauen? Gerade anspruchslose Literatur ist es gerade nicht. Identität ist etwas ganz wichtiges. Eigentlich gibt es keinen Menschen der gleich ist. Schön dass es jemanden gibt, der sich darüber Gedanken macht. Allgemeine Erfahrungen beiseite legen und neu forschen. So ist es bei jeden Einzelne.